Am 14. und 15. September fand in Bayreuth der 4. Abfallvergärungstag des Fachverbandes Biogas e.V. zusammen mit dem 77. Symposium des Arbeitskreises zur Nutzung von Sekundärrohstoffen und für Klimaschutz e.V. (ANS) statt. Über 100 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt und haben die besondere Möglichkeit dieses Branchentreffs genutzt, um sich über Praxisthemen, Aktuelles aus der Wissenschaft sowie neueste technische Innovationen auszutauschen. Erstmals wurde im Rahmen der Veranstaltung auch eine begleitende Fachausstellung angeboten, auf der sich die Teilnehmer bei 17 Ausstellern über deren Produkte und Dienstleistungen informieren konnten. Der erste Tag der Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Achim Loewen, dem Vorstandsvorsitzenden des ANS e.V., eröffnet, der die Moderation dieses Tages übernahm. Dabei wurde zur feierlichen Eröffnung eine gegenseitige Mitgliedschaft des ANS e.V. und des Fachverbandes Biogas e.V. unterzeichnet. Diese Kooperation soll zukünftig einen intensiveren Austausch der beiden Verbände im wichtigen Bereich der Vergärung von organischen Abfällen und Reststoffen sicherstellen.
Im Anschluss begann der Vortragsteil der Veranstaltung. „Durch eine fehlende Unterscheidung des EEG nach Größenklassen und Einsatzstoffen wird die Branche der Abfallvergärung zukünftig vor neue Herausforderungen gestellt werden, da es das Risiko der Verlagerung von Einsatzstoffströmen geben kann", warnte dabei Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas e.V., der dem Plenum im ersten Vortrag die Chancen und Möglichkeiten für Abfallvergärungsanlagen durch das EEG 2017 vorstellte und damit einen Grundstein für die Diskussionen der zwei Veranstaltungstage legte. Diese Meinung wurde auch von David Wilken geteilt. Dieser ergänzte die Herausforderungen des EEG um die neuen Anforderungen durch AwSV und Düngeverordnung, die er in seinem Vortrag erläuterte. Wilken sagte: „Die hohen Anforderungen der AwSV, wie Doppelwandigkeit, Leckanzeigen und flüssigkeitsundurchlässige Rückhaltevolumen, können – neben den Anforderungen des EEG 2017 – zu zusätzlichen Kosten für Betreiber von Abfallvergärungsanlagen führen."
Dass die Branche jedoch über weitreichende Optimierungspotenziale verfügt, stellte anschließend Thomas Turk, Geschäftsführer der IGLux Witzenhausen GmbH, dar. Er erläuterte an einem Praxisbeispiel die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit sowie den Einsatz von praktischen Trennhilfen für den Bürger zur Verbesserung der Bioabfallqualität. „Durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit konnte der Anteil erfasster Bioabfälle pro Haushalt um bis zu 33 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig ging der Anteil von Plastikbeuteln im Biomüll um 66 Prozent zurück, was zu deutlich verminderten Kosten der Aufbereitung führt", so Turk.
Wissenschaftlich vertieft wurde dieses Thema im Anschluss von Prof. Dr. Martin Kranert von der Universität Stuttgart. Auch er betonte: „Zur Verbesserung der Biogutqualität müssen Fremdstoffe an der Quelle des Eintrags reduziert werden", als er in seinem Vortrag die Störstoffgehalte und Anforderungen an die Inputqualität von Bioabfall, Aufbereitung, Behandlung und Konfektionierung darstellte. Dazu müssten jedoch „neben der Öffentlichkeitsarbeit auch weitere Einflussgrößen wie Gebührenstruktur, Sammelsystem etc. beachtet werden", rief Kranert auf und beschrieb mögliche Lösungsansätze.
Im Anschluss an diesen Vortragsblock kamen die Teilnehmer in verschiedenen Networkgruppen zusammen, um sich zu Praxisthemen auszutauschen. So wurde unter anderem intensiv über die Rahmenbedingungen des EEG 2017, über technische Anforderungen an den Bau und Betrieb von Abfallvergärungsanlagen sowie über die Möglichkeiten zur Aufbereitung und Vermarktung von festen und flüssigen Gärprodukten diskutiert. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen wurden anschließend dem Plenum präsentiert.
Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Ruth Freitag, die ein Forschungsvorhaben zur Energieversorgung aus organischen Abfällen der Universität Bayreuth präsentierte. Dabei ging sie von der Frage aus: „Ist die stoffliche und energetische Nutzung des kommunal gesammelten Bioguts im Forschungsprojekt sinnvoll?". Im Verlauf des Vortrags kam sie zu folgendem Schluss: „Eine Biogasaufbereitung lohnt sich aufgrund der geringen Durchsatzleistung nicht. Wirtschaftlich interessant ist hingegen die Variante Vergärung- Verstromung-Wärmenutzung-Kompostierung, die zu deutlichen regionalen Wertschöpfungspotenzialen führen kann."
Diese Schlussfolgerung wurde um Erfahrungen aus der Praxis von Peter Wagner von der RMD Rhein-Main-Deponie GmbH ergänzt. „Eine gezielte Stromvermarktung in geeigneten Märkten kann zu deutlichen Mehrerlösen führen. Dabei muss jedoch unbedingt beachtet werden, dass die Märkte einem ständigen Wandel unterliegen und Anlagenbetreiber daher stets ein flexibles Vermarktungskonzept forcieren müssen", stellte er klar, während er dem Publikum flexible und innovative Energienutzungskonzepte von Bioabfallvergärungsanlagen präsentierte.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Besichtigung der Bioabfallvergärungsanlage Rehau. Die Anlage mit einer installierten elektrischen Leistung von 1,2 MW verwertet jährlich 30.000 Tonnen Bioabfälle, sodass sich die Teilnehmer im Anschluss an den theoretischen Teil die praktische Umsetzung eines modernen Nassvergärungskonzeptes erläutern lassen konnten. Eric Priller, Geschäftsführer der Rehau Energy Solutions, erklärte den Besuchern: „Das innovative ‚WasteERGY‘-Konzept ermöglicht uns, die Abfallannahme völlig flexibel nach Art und Zeit bei vollständiger Geruchslosigkeit zu betreiben. Dabei werden Biogaserträge erzielt, die das Potenzial von Laborversuchen erreichen."
Als Fazit der Veranstaltung wurde die Wichtigkeit eines geschlossenen Auftretens der Biogasbranche von vielen Teilnehmern der Veranstaltung gezogen. Hier wurde klar, dass die Biogasbranche, gerade vor dem Hintergrund des EEG 2017, zusammenhalten muss, um die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam bewältigen zu können.