74. Symposium des ANS e.V.

Abfallwirtschaft meets Biochar - Perspektiven für den Klimaschutz?


 

Dienstag, 1. Oktober 2013

9:30 Uhr Begrüßung und Eröffnung des 74. Symposiums

Prof. Klaus Fricke, Vorstandsvorsitzender ANS e.V.

Prof. Fricke begrüßte die 130 Teilnehmer im Namen des ANS e.V. zum diesjährigen Symposium, das die Bereiche Abfallwirtschaft und Biokohle ganz bewusst zusammen bringt. Denn die klassische Abfallwirtschaft solle nicht wie bisher nur traditionelle Wege beschreiten, sondern Neuerungen aufzeigen, und zwar auch solche mit Fragezeichen. Themen wie die Biokohle, auch wenn dabei erst teilweise klar ist, wie einsatzbereit diese Strategie ist. Der ANS mit seiner langen Historie habe vielfältige Entwicklungen gefördert, wie die Kompostierung, die Biotonne Witzenhausen und auch jüngere Biomasse-Nutzungsstrategien. Als Verband dürfe er durchaus umstritten, aber eben auch visionär sein.

 
 
Tagungsleitung:

Prof. Klaus Fricke

Themenblock 1:

Kreislaufwirtschaftsgesetz/BioAbfV 2015


Dr. Claus-Gerhard Bergs

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn

Stichtag 1.1.2015: Verpflichtende Einführung der Getrennterfassung von Bioabfällen?

Dr. Bergs begann seinen Vortrag mit einer Übersicht über die aktuelle Bioabfall-Situation in Deutschland. Das jährliche Bioabfallaufkommen bezifferte er auf 12 bis 14 Mio. Tonnen. Ungefähr 75% der Landkreise würden Bioabfälle getrennt erfassen, bezogen auf die Einwohnerzahl seien es jedoch nur 56%. Die noch „weißen Flecken" auf der Bioabfallkarte seien vor allem in Nordostdeutschland zu finden.

Bei der 2012 erfolgten Novelle der BioAbfV sei insbesondere die Freistellung von Behandlungs- und Untersuchungspflichten eingeschränkt worden, da Krankheitserreger in Biomaterialien und Neophyten wie Ambrosia und Herkulesstaude vermehrt Probleme verursachten.

Mögliche Eckpunkte der BioAbfV 2015 seien Vorgaben für die Hochwertigkeit bei der Kaskadennutzung, Qualitätssicherung, Eigenkompostierung, Seuchen- und Phytohygiene, Schadstoffrecht sowie der Vorrang des Düngerechts vor dem Abfallrecht. Eine Präzisierung des §11 hielt Dr. Bergs für eher unnötig, da sie als Aufweichung missverstanden werden könne.

Dr. Bergs forderte die Kommunen abschließend auf, mit der Einführung der Biotonne nicht bis 2015 zu warten und verwies auf die vom Witzenhausen-Institut erstellte BMU-Broschüre zur ökologisch sinnvollen Verwertung von Bioabfällen.




 
 

Hans-Walter Schneichel

Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Koblenz

Umsetzung der Bioabfallverordnung in den Ländern –Vollzugshinweise

Herr Schneichel erläuterte in seinem Vortrag die BioAbfV und ihre Umsetzung aus Sicht der Länder. Nach der ersten BioAbfV von 1998 und der Novelle 2012 ziele die Neubekanntmachung im Jahr 2013 darauf ab, das Lesen und den Umgang mit den Rechtstexten zu vereinfachen. Dabei stehe die Anpassungsfähigkeit auf regionale Gegebenheiten im Vordergrund.

Da die BioAbfV die Bereiche Abfallrecht, Düngemittelrecht und Beseitigungsrecht für tierische Nebenprodukte berühre, sei die Definition von Bioabfall und die Abgrenzung beispielsweise zum KrWG zu beachten. Als Novum bei der Behandlung von Bioabfällen führte Herr Schneichel die biologische Stabilisierung ein. Die BioAbfV habe sich bereits 2012 deutlich geändert und bringe neue Entscheidungsmöglichkeiten und Pflichten für Betreiber und Behörden mit sich.

 



Hermann Lotze-Campen

Wolfgang Siederer

Gaßner, Groth, Siederer & Coll., Berlin

KrWG – Auf dem Weg zur hochwertigen Verwertung von Bioabfällen?

Herr Siederer eröffnete seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass die Verwertung Vorrang vor der Beseitigung habe, wobei letztere nur zulässig ist, wenn sie Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleiste. Zu klären sei laut Herrn Siederer, welche Verwertung bei nichtgetrennter Sammlung von Siedlungsabfällen zu wählen ist. Vorbehalte der Erforderlichkeit spielen dabei eine zentrale Rolle.

Nur vage Regelungen gibt es bisher beim Verhältnis zwischen technischen Möglichkeiten und wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Getrennt-Erfassung, z.B. in stark verdichteten urbanen Strukturen, wo die Aufstellung zusätzlicher Behälter nicht möglich ist.

Die Schwelle der wirtschaftlichen Zumutbarkeiten sei im Hinblick auf Mehrkosten und Gebührenerhöhungen tendenziell hoch anzusetzen. Des Weiteren sollte auch das Verhältnis von monetärem Aufwand zu ökologischen Vorteilen mit einbezogen werden.

Da im KrWG konkrete Vorgaben zur hochwertigen Verwertung von Bioabfällen fehlen, würden die Betreiber laut Herrn Siederer derzeit den Weg des geringsten Preises gehen. Begünstigt durch Ausschreibungen bedeute dies meist offene Mietenkompostierung und Ferntransport
 
 



Tagungsleitung:

Dr. Claus-Gerhard Bergs

Themenblock 2:

Biologische Abfallbehandlung im Wandel der Zeit

Peter Quicker
 
 

Prof. Klaus Fricke & Werner Bauer

Technische Universität Braunschweig, Abt. Abfall und Ressourcenwirtschaft, Braunschweig; ia GmbH, München

Ausbaupotenzial der Vergärung von Bio- und Grünabfällen Bioabfallverwertung - Entwicklungsstand, Perspektiven und Potenziale

Prof. Fricke präsentierte Ergebnisse einer aktuellen vom Bundesministerium für Umwelt geförderten Studie zum Ausbaupotenzial der Vergärung in Deutschland. Zu Beginn seines Vortrags stellte er den Zuhörern eine Übersicht zum aktuellen Stand der Behandlungsanlagen und Vergärungspotenziale vor. Demnach sind knapp 6 % der gesamten Bioabfall-Verwertungsanlagen Vergärungsanlagen und verarbeiten ca. 9 % der insgesamt erfassten Bioabfälle. Dabei könnten 85 % der Bioabfälle und 65 % der Grünabfälle vergärt werden, dies ist ein zusätzliches Potenzial von rund 5,4 Mio. t. Auch ohne die flächendeckende Einführung der Biotonne könnte dieses erreicht werden, wobei mit der Einführung eine Erfassungsquote von 75% und damit ein Zusatzpotenzial von bis zu 7 Mio. t erreichbar wäre.

Laut Prof. Fricke sind seit 2007 trockene gegenüber nassen Verfahren deutlich in der Überzahl, während zweistufige Verfahren nur eine untergeordnete Rolle spielten. Obwohl der Gesamt-Energieunterschied gering sei, hätten trocken-kontinuierliche Verfahren die höchste Gas- und Nettostromausbeute. Eine thermophile Prozessführung ermögliche bis zu 15 % mehr Gasausbeute.

Prof. Fricke bezifferte in seinem Fazit das gesamte Potenzial bei der Vergärung auf 3.600 GWh pro Jahr (Faktor 6,5 mehr gegenüber dem derzeitigen Stand).

 

 



Axel Funke
 
 

Birgit Wiedemann

Stadtverwaltung Potsdam, Fachbereich Soziales, Gesundheit und Umwelt, Arbeitsgruppe Öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, Potsdam

Pilotprojekt Bio-Tonne

Frau Wiedemann stellte erste Ergebnisse des Pilotprojekts zur Einführung der Biotonne in der Stadt Potsdam vor. Bisher seien Restabfälle in einer MBA behandelt worden. Vor dem Hintergrund des KrWG und des brandenburgischen Abfallwirtschaftsplanes habe die Stadt auf der Grundlage einer Restmüllanalyse zum Erschließungspotenzial der Organik die Getrennterfassung, Sammlung und Verwertung von Bioabfällen aus Mehrfamilienhäusern und Großraumwohnanlagen erprobt. Die Sammlung der Bioabfälle wurde durch Anschreiben an Eigentümer und Haushalte sowie durch Vor-Ort-Termine bei den Bewohnern ergänzt.

Frau Wiedemann berichtete, dass das Projekt eine gute Akzeptanz im Pilotgebiet erfahren habe. Bei der Sammelqualität gab sie einen Störstoffanteil von 7,3 % an, wobei 5 % aus mineralischen Katzenstreu stammten. Die Entsorgung in der Biotonne solle durch weitere Öffentlichkeitsarbeit vermieden werden. Die Separation der Küchenabfälle vom Restmüll sei noch problematisch und verbesserungsbedürftig.

Abschließend erläuterte Frau Wiedemann, dass nach Auswertung der Sortierung und der Fragebögen im nächsten Jahr eine Kostenanalyse und Gebührenstrukturevaluation angefertigt und bei der Stadtverwaltung vorgelegt wird. Die momentane Verwertung der Bioabfälle erfolgt derzeit durch eine Kompostierung im Raum Brandenburg.

 
 



Tagungsleitung:
 
Prof. Rainer Wallmann
Vorstand ANS e. V.


Themenblock 3:

Klassische Behandlungsoptionen für Abfallbiomassen -

Bioabfall, Grünabfall und Klärschlamm
 
 

Marc Schulten
 
 

Prof. Dr. Martin Kranert

Universität Stuttgart, Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft, Stuttgart

Biomasse im Abfallbereich - Potenziale, Märkte und Stoffstromkonkurrenzen

Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik der Biomassenutzung gab Prof. Kranert einen Überblick über die Mengen und Potentiale von Abfallbiomassen. Er argumentierte mit Daten, die das abschöpfbare Potenzial bei Küchenabfällen auf 75 % und bei Garten- und Landschaftspflegeabfällen auf 66 % bezifferten. Durch Intensivierung der Biomasseerfassung könne die nutzbare Menge auf insgesamt bis zu 200 kg pro Einwohner und Jahr fast verdoppelt werden. Das Gesamtpotenzial betrage demnach bis zu 22 Mio. t Biomasse.

Prof. Kranert verglich verschiedene Aspekte der Stoffstromkonkurrenzen und diese liegen vor allembei der Nutzung der holzigen Biomasse. So sei z.B. für die Kompostierung ein bestimmter Anteil holziger Materialien nötig, der dann wiederum der Vergasung nicht mehr zur Verfügung stehe. Prof. Kranert betonte, dass die generelle Fragestellung, ob holzige oder krautige Biomasse eher stofflich oder energetisch zu verwerten ist, weiterhin von großer Bedeutung sei. Im Hinblick auf den Klimaschutz, betonte Prof. Kranert, dass die stoffliche Verwertung durch Kompostierung tatsächlich CO2 einspare, jedoch nur solange damit Stroh, Dünger und Torf ersetzt werden.

Prof. Kranert legte in seiner Schlussfolgerung dar, dass eine Intensivierung der Erfassung möglich und die gezielte Stoffstromregelung notwendig seien. Dazu müssten die Verfahren sinnvoll verknüpft werden, wie z.B. durch die Nachrüstung von Kompostierungsanlagen mit Vergärungsmodulen. Prof. Kranert hob abschließend die Abfallwirtschaft als wesentlichen Baustein der postfossilen Gesellschaft hervor.

 

 



Gerhard Hartmann
 
 

Florian Knappe

ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, Heidelberg

Bioabfallverwertung - ֖kologische Bewertung der Handlungsoptionen

Herr Knappe stellte Ergebnisse einer vom Umweltbundesamt beauftragten Studie zur Optimierung der Verwertung von organischen Abfällen aus ökologischer Sicht vor. Zunächst nahm Herr Knappe Bezug auf das deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) und bemerkte, dass die Abfallwirtschaft sich auch politisch weiterentwickelt habe. So erkenne das KrWG Abfall immer mehr als sekundäre Ressource an. Bioabfälle seien ein wertvoller Rohstoff, den es umfassend zu nutzen gilt. Dafür müssten die wertgebenden Potentiale der Ressource erfasst und eine Erhebung von Nachfrage und Absatz am lokalen Markt durchgeführt werden. Erst daraufhin könne eine abgestimmte Kombination der energetischen wie stofflichen Kaskadennutzung sowie Herstellung von Substraten aufgebaut werden. Die Analyse und Bilanz von ökologischer Last und Nutzen legt nahe, dass die Vergärung am vorteilhaftesten ist, da hierbei durch Stromeinspeisung klimaschädliche fossile Energie substituiert werden könnte. Auch die Kaskadennutzung sei aus Sicht von Herrn Knappe ökologisch sinnvoll und empfahl die Erweiterung von Kompostierungsanlagen mit Vergärungsmodulen. Die gekoppelte Nutzung vom produzierten Strom und der Wärme muss jedoch an die lokalen Gegebenheiten angepasst werden. Während der Biogastransport in kleinerem Maßstab auch grabenlos mit kleinen Rohren möglich sei, sollte die Wärmenutzung am Ort der Vergärungsanlage erfolgen.

Beim Kompost sei aus ökologischer Sicht die Herstellung hochwertiger Substrate am sinnvollsten, die Torf in den Produkten für Hobbygärtner und im Gala-Bau ersetzen können.

Zusammenfassend erläutert Herr Knappe, dass die Biotonne mit kombinierter Kompostierung und Substratherstellung ökologisch am wertvollsten sei. Die einzige Ausnahme hinsichtlich der Treibhausgaseinsparung bilde dabei die Restmüllvergärung und Deponierung.

 

 



 
 

Klaus-Peter Hildenbrand

Rhein-Hunsrück Entsorgung, Anstalt öffentlichen Rechts, Kirchberg

Grünabfälle als Bestandteil der kommunalen Energiewende

Herr Hildenbrand berichtete von seiner Arbeit im Rhein-Hunsrück Kreis, der durch die hohe Zahl kleiner Gemeinden geprägt ist. Der Rhein-Hunsrück Entsorgungsbetrieb ist als Kommunalunternehmen des Kreises organisiert und verwertet im Bringsystem auf 120 Sammelplätzen ausschließlich Baum- und Strauchschnitt. Dabei werden eine ortsnahe Verwertung und ein hohes ökologisches Niveau angestrebt. Dennoch gab Herr Hildenbrand zu, dass die Kosten und das Ansehen bei den Bürgern oft entscheidender sind als die langfristige Ausrichtung auf ökologische Nachhaltigkeit. Das neue Konzept des Entsorgungsbetriebs umfasst den Aufbau eines Pilotprojektes mit Schulträgern in Simmern. Grünschnitt von den Schulanlagen wird vergoren und die Wärme direkt an Schulgebäude geliefert. Dabei wird die Grobfraktion des Grünschnitts der Verbrennung, die Feinfraktion der Kompostierung zugeführt. Begleitet wird das Projekt durch Erlebnispädagogik mit den Klassen der beteiligten Schulen.

 

 



 
 

Prof. Dr.-Ing. E.h. Armin Melsa

Viersen

Klärschlamm – technische und rechtliche Rahmenbedingungen! – Perspektiven?

Prof. Melsa widmete sich in seinem Vortrag dem umstrittenen Thema Klärschlamm und seiner Nutzung. Er formulierte deutlich, dass die Verwertung von Klärschlamm bedeute, mit etwas zu arbeiten, das gesellschaftlich nicht sehr beliebt sei, das Geld koste und auch gefährlich sein könne. Prof. Melsa beharrte entschieden darauf, dass die Betreiber von Verwertungsanlagen mit komplexen Anforderungen zu kämpfen hätten, auch wenn die Wissenschaft begeistert neue „Lösungen" erdenke. Weiter kritisierte er den Begriff Effizienzsteigerung als „Zauberwort". Ressourcenknappheit und der Wunsch nach mehr Ertrag und weniger Verbrauch erfordere intelligente Lösungen.

Laut Prof. Melsa fallen pro Jahr ca. 2 Mio.t TS Klärschlamm in Deutschland an, wovon rund die Hälfte für die stoffliche Nutzung geeignet ist und 20 bis 25 % des Rohphosphats ersetzen könnten. Der Ausblick auf den „Peak-Phosphor" mit seinen wirtschaftlichen und ökologischen Konsequenzen habe sich auf Bundesebene im Arbeitspapier zur Nutzung sekundärer Phosphorquellen bzw. Phosphatrecycling niedergeschlagen. Doch müssten technische Verfahren sich erst noch bewähren und die derzeit zur Verfügung stehenden Verfahren seien oft nicht wirtschaftlich konkurrenzfähig.

Prof. Melsa warnte davor, das Vorsorgeprinzip beim Klärschlamm zu missachten, wie es derzeit durch die Restriktionen der KlärschlammVO geschehe. Abschließend stellte Prof. Melsa die Frage in den Raum, warum keine Etats für Öffentlichkeitsarbeit beim Klärschlamm, analog zur Grüngutverwertung, vorhanden seien.

 

 



Tagungsleitung:

Jan-Markus Rödger

Vorstand ANS e.V., stellvertretender Fachausschussleiter Biokohle


Themenblock 4:

Praxisbeispiele


 
 

Thomas Geißler

BMA Essenheim, Essenheim

Vergärung von Bioabfällen in Essenheim

Herr Geißler berichtete über die Erfahrung mit Verwertungsanlagen für organische Abfälle aus vier Landkreisen in der Nähe der Stadt Mainz. Die BMA fokussiere sich auf das Pfropfenstromverfahren und die Boxenfermentation mit den Schwerpunkten Wirtschaftlichkeit, Akzeptanz in der Bevölkerung und Hochwertigkeit des Kompostes. Derzeit werden von der BMA drei mechanisch-biologische Anlagen, vier Vergärungsanlagen und 16 Kompostierungsanlagen betrieben. Die Einhaltung der Auflagen bezüglich der TA Luft, des gesamten organischen Kohlenstoffs (TOC) und der BImSchV wird erreicht. Die BMA bildet mit der Veolia GmbH (51 % der Anteile) eine Gemeinschaftsgesellschaft. Nach den ersten Betriebserfahrungen mit der Anlagentechnik werde derzeit nach Verwertungsstrategien für die anfallenden Siebreste gesucht.

 



 
 

Michael Buchheit

Zweckverband Abfallwirtschaft Donau-Wald, SIUS GmbH, Fürstenzell

Abfallvergärungsanlagen als Modell für ein optimiertes Stoffstrommanagement in der biologischen Abfallbehandlung; Beispiele aus den Städten Regen und Passau

Herr Buchheit ist Werkleiter und Mitarbeiter bei der SIUS GmbH, einem Ingenieurbüro das gleichzeitig auch als Betreiber von MBAs fungiert. In vier Landkreisen der Region Donau-Wald werden Bioabfälle und Grünschnitt sowohl kompostiert als auch vergärt. Die Erfassungsmengen betragen pro Einwohner und Jahr 35 kg Bioabfall und 120 kg Grünschnitt. In der Grüngutvergärungsanlage in Regen wird demnach im Pfropfenstromverfahren thermische und elektrische Energie aus Bioabfall und auch aus Grüngut gewonnen. Die erneuerte Anlage hat eine Kapazität von 50.000 t pro Jahr und läuft im Ein-Schicht-Betrieb, während die Vergärung bzw. Gasausbeute im Dauerbetrieb durchgeführt wird. Die Biogaserzeugung durch Fermentation wird vom EEG mit 22 Ct. / kWh gefördert. Bei der Grüngutvergärung überwog bei vielen Betreibern die Skepsis, jedoch ermutigte dieses die SIUS GmbH bei der Erstellung des Konzepts. Das fermentierte Material wird z.T. als BGK-zertifizierter Frischkompost verkauft, während der übrige Teil in Chargen von 25 t zur Nachkompostierung an eine andere Anlage geliefert wird. Der erzeugte Kompost wird zur einen Hälfte in der Landwirtschaft, zur anderen Hälfte bei Hobbygärtnern und Gartenbaubetrieben genutzt.





 
 

Prof. Rainer Wallmann

Erster Kreisbeigeordneter Werra-Meißner-Kreis, Eschwege

Ganzheitliche Biomassenutzungsstrategien im Werra-Meißner-Kreis

Prof. Wallmann präsentierte das Klimaschutzkonzept des ländlich geprägten Werra-Meißner-Kreises sowie verschieden Projekte zur Umsetzung dieses Konzeptes. Das Ziel der Region laute: 100% Energie aus heimischen Erneuerbaren. Die „Erfindung der Biotonne" in den 1980er Jahren und die Getrennterfassung seit 1995 seien Meilensteine auf dem Weg zum nachhaltigen Abfallmanagement gewesen, sagte Prof. Wallmann. Im Gesamtkonzept Wertstoff- und Abfallwirtschaft ab 2015 werde nun die Vergärung organischer Abfälle mit Nachrotte vorbereitet.

Das abgeschlossene Förderprojekt des HMUELV „BioRegio Holz" ziele auf die Förderung moderner Holzhackschnitzel- und Holzpelletanlagen, in deren Umfeld sich u.a. die Pellet-Einkaufsgemeinschaft Nordhessen gründete.

Als Ziel des FNR-Forschungsvorhabens der HAWK Göttingen „Kurzumtriebsplantagen auf Deponieflächen" benannte Prof. Wallmann die regenerative Brennstoffgewinnung im Deponierandbereich, um Teller-oder-Tank-Diskussion zu vermeiden.

Energetische Holznutzung in ländlichen Regionen => „Sekundärhölzer" (d.h.) Heute holzige Biomasse genannt

Beim HMUELV habe Prof. Wallmann mit vielfältigen Projektpartnern einen Förderantrag für ein praktisches Demonstrations-Vorhaben zur Wärmeerzeugung und regionalen Wertschöpfung eingereicht. Restholzpotenziale aus Landschaftspflege, Verkehrswesen und Abfallströmen werden im Einklang mit dem Naturschutz systematisch erfasst. Das gewonnene Hauptprodukt werde als Holzbrennstoff energetisch verwertet, während die Siebreste für Kompostierung, Mulchung und auch für die Erzeugung von Biokohle genutzt werden.

Um den Zuhörern zum Ende seines Vortrags eine konkrete Vorstellung von den wirtschaftlichen Größenordnungen zu vermitteln, bezifferte Prof. Wallmann die Kosten der Energiewende im Landkreis auf rund 2 Mrd. €.
 




 
 

Hans-Peter Schmidt

Fondation Delinat Institut für Ökologie und Klimafarming, CH-Ayent

Pflanzenkohle - Eine Schlüsseltechnologie zur Schließung der Stoffkreisläufe

Herr Schmidt begann den letzten Vortrag des Tages mit der „Milchmädchenrechnung" des Kohlenstoffkreislaufs und schlug anschließend anhand innovativer und lebhafter Anwendungsbeispiele die Brücke von der Abfallwirtschaft zur Biokohle. Die Milchmädchenrechnung müsse, weil sie so einfach sei, eben genauer gerechnet werden. Um die anthropogen verursachten 9 Gt Kohlenstoff pro Jahr zu kompensieren, empfahl Herr Schmidt die Zwischenspeicherung durch Karbonisierung von Biomasse und die wirtschaftliche Nutzung des enthaltenen Kohlenstoffs. In der Schweiz betreibt Herr Schmidt Klimafarming nach dem Motto „photosynthesize - carbonize". Wie vielseitig eine Kaskaden-Nutzung bei Pflanzenkohle aussehen kann, zeigte er mit 55 Beispielen aus der Praxis und angewandten Forschung.

Die Einsatzgebiete reichen vom Zusatz zur Silage und ins Futter bis hin zum Stalleinstreu (zur Ammoniakemissionsreduktion), von der Güllebehandlung bis zum Kompostzusatz, von Biobeds mit Biokohle für die Reinigung von Stadtabwässern und bis zur Klärabwasseraufbereitung oder sogar bis zur menschlichen Ernährung.

Herr Schmidts Fazit: Wenn Biokohle beim Bau von Häusern aus biologischen Materialien eingesetzt werde, könnten diese in 1000 Jahren kompostiert und zur Herstellung von Terra Preta Substraten verwendet werden.

 



Tagungsleitung:

Dr. Claudia Kammann
 
Vorstand ANS e.V. und Fachausschussleiterin Biokohle


Themenblock 5:

Klima + Wandel: Quo vadis, Kohlenstoff?
 
 

Dr. Bettina Rechenberg

(In Vertretung von Bundesumweltminister Peter Altmaier)

Grundsatzrede: Perspektiven der Kreislaufwirtschaft in Deutschland

Frau Prof. Rechenberg richtete zu Beginn ihres Vortrags herzliche Grüße und gutes Gelingen vom Minister aus, der nach den Bundestagswahlen sehr beschäftigt sei. Die Abfallwirtschaft habe sich nach Prof. Rechenberg deutlich verändert, denn heute werde Abfall als eine wertvolle Ressource betrachtet.

Die Vervielfachung des Ressourcenverbrauches durch das rasante Bevölkerungswachstum machen den schonenden Umgang mit den Ressourcen zu einem der wichtigsten Themen der Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Ziel des KrWG sei deshalb explizit die Schließung der Stoffkreisläufe. Prof. Rechenberg betonte, dass das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm ProgRess dabei einen wichtigen Baustein darstelle. Die Vermeidung von Abfall müsse darüber hinaus auch bereits beim Design von Produkten berücksichtigt werden, da die Materialeigenschaften deren Lebensdauer und Haltbarkeit bestimmen.

Prof. Rechenberg sieht die Aufgabe der Politik darin, Anreize zu schaffen und Innovationen zu fördern. Deshalb sei das Umwelthonorationsprogramm als gemeinsames Instrument von BMU und UBA ins Leben gerufen worden, um innovative technische Lösungen finanziell zu unterstützen. Diese Innovationen müssten auch exportiert werden, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und den Umweltgedanken in andere Länder zu tragen.

Prof. Rechenberg wies darauf hin, dass Komposte und Vergärungsrückstände große Beiträge zum Klima- und Ressourcenschutz leisten könnten. Dabei stelle die flächendeckende Einführung der Biotonne 2015 einen weiteren wichtigen Schritt dar. Die Abfallwirtschaft mit dem Nutzungskomplex Biokohle zu verknüpfen sei ein spannendes und vielversprechendes Thema, bei dem Prof. Rechenberg zum Ende ihres Vortrags den Akteuren viel Erfolg wünschte.

In der anschließenden Diskussion wurde nach einer klaren Empfehlung des UBA zu Wertigkeitsunterschieden zwischen Kompostierung und Vergärung gefragt. Prof. Rechenberg sprach sich im Namen des UBA deutlich für eine Kaskadennutzung mit Vorvergärung und anschließender Kompostierung aus. Hierzu sei bereits 2008/2009 eine Empfehlung zum Umgang mit Bioabfall veröffentlicht worden.

 

 



 
 

Prof. Wolfgang Lucht

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam

Globaler Klimawandel und Kohlenstoff-Kreislauf

Einleitend benannte Prof. Lucht die zwei großen Themen der planetaren sozialen Ökologie des globalen Wandels: CO2-Emissionen auf der einen und Verbrauch und Ernte von Biomasse auf der anderen Seite. Prof. Lucht zeigte anhand von Daten aus dem neuesten IPCC-Bericht, dass eine langfristige Erwärmung um 1,5 bis 4 °C und durch kurzfristigere Prozesse um ca. 2 °C wahrscheinlich („likely") ist. „Confidence" hat die höchste Wortfrequenz im Bericht, man habe „Zuversicht" mit den aktuellen Daten, sagte Prof. Lucht hierzu. Die Erwärmung werde lange dauern, den Meeresspiegel aber potentiell um 30 bis 40 m anheben.

Prof. Lucht verdeutlichte, dass eine Gesamtmenge an Kohlenstoff emittiert werden könne, die nicht so sehr vom Zeitpunkt der Emission abhänge. Zwischen der Erwärmung und den kumulativen CO2-Emissionen bestehe ein linearer Zusammenhang und demnach eine Obergrenze (basierend auf den Klimazielen). Daraus ergebe sich eine Verteilungsproblematik, die Grenzen müssten auf Ernte- und Verbraucherseite über Jahrzehnte eingehalten werden. Das endliche Kohlenstoff-Budget beträgt laut Prof. Lucht 830 Gt C, wovon bereits 531 Gt C seit 1871 emittiert wurden. Gemessen an den aktuellen Jahresemissionen von 9 Gt C könne die Menschheit bis zum Erreichen der Obergrenze noch ca. 30 Jahre weitermachen wie bisher - danach müssten die Emissionen jedoch vollständig eingestellt werden. Die zu erwartende Endtemperatur könne dann ausgerechnet werden.

Trotz Effizienzsteigerungen und Wirtschaftskrisen steigen die Emissionen laut Prof. Lucht in den letzten Jahren stark an, wobei die Emergenz Chinas und die Renaissance der Kohle eine entscheidende Rolle spielen.

Die Erwärmung des Erdklimas stelle ein enormes Risiko für alle Ökosysteme dar, vor allem durch Wasserstress. Im Verlauf der Erwärmung werden wir aus Sicht von Prof. Lucht verschiedene „Korridore" durchlaufen, die zuerst den Bedingungen des Holozäns, dann denen des Quartärs ähneln. Nach Erreichen der planetaren Grenze folge der Korridor Soziale Innovation, anschließend der der sozialen Inelastizität. Entscheidend seien hier sowohl kritische Schwellwerte von Ökosystemen, jenseits derer es zu Kollaps kommen kann, als auch die Interaktion sozialer und ökologischer Systeme.

Prof. Lucht führte die Begriffe Potentiallandschaften und sozialer Metabolismus ein, anhand derer er das Bild eines Attraktors prägte, der die Menschheit in Richtung Klimawandel ziehe. Die Anziehungskraft dieses Attraktors gehe von immensen Vorteilen der fossilen Energieträger aus. Abschließend stellte Prof. Lucht die Frage in den Raum, ob es auch einen Gegenattraktor geben könne, der eine sozial-ökologische Adaption ohne Kollaps ermögliche. Aus Sicht von Prof. Lucht ist die Arbeit an Biochar ein entscheidendes Puzzlestück, um Spielräume und solche Gegenattraktoren zu entwickeln.
 
 



 
 

Prof. Peter Quicker

RWTH Aachen, Lehr- und Forschungsgebiet, Technologie der Energierohstoffe, Aachen

Biokohle – Herstellung, Merkmale und Einsatzmöglichkeiten

Prof. Quicker verschaffte den Zuhörern einen umfassenden Überblick über die aktuell relevanten thermochemischen Konversionsverfahren. Die Biomasse-Vergasung beginnt sich laut Prof. Quicker zu etablieren, wobei noch nach Verwertungswegen für große Nebenprodukt-Reststoffmengen gesucht werde.

Die Hydrothermale Carbonisierung sei besonders für feuchte Reststoffe interessant und an der Schwelle zur Marktreife. Verbesserungspotenziale identifizierte Prof. Quicker bei der Entwässerbarkeit, der Prozesswassernutzung und der Energiebilanz.

Einige Anwendungsbereiche von Biokohle sind laut Prof. Quicker in der Metallurgie, in Zement- und Kalkwerken und in der Energieerzeugung (Kohlesubstitut in Kraftwerken) zu finden.

Für Kleinfeuerungsanlagen gelten nach BImSchV Grill-Holzkohlen und somit auch carbonisierte Biomasse (Biokohle) als Regelbrennstoff, solange die Grenzwerte eingehalten werden. Das stelle eine weitere Einsatzmöglichkeit für Biokohle dar, die keiner weiteren Genehmigung bedürfe. Für die meisten Anwendungen in der Industrie müsse die Gehalte an fixiertem Kohlenstoff über 90 % liegen.

In seinem Fazit betonte Prof. Quicker, dass es durchaus möglich sei, maßgeschneiderte Kohlen für den jeweiligen Einsatzzweck zu erzeugen.
 
 



 
 

Frans Debets

Debets b.v. (Projektmanager des INTERREG Projektes), NL-Groningen

NSR INTERREG IVb Projekt "Biochar: Climate Saving Soils" - Ergebnisse der Nordseeregion aus den letzten 3 Jahren

Herr Debets fasste in seinem Vortrag die bisherigen Ergebnisse des INTERREG-Projektes zusammen und stellte mögliche nächste Schritte vor. Geplant war im Projekt laut Herrn Debets ein überzeugender Beweis, dass Biokohle ein spannender und vielversprechender Ansatz sei. Diese Erwartungen seien jedoch viel zu hoch gewesen. Die Feldversuche führten zu stark gestreuten und schwer interpretierbaren Ergebnissen auch wenn sie durchaus das Potential vom Biokohleeinsatz im Boden nahelegen. Die Konsequenz für die Projektleitung sei eine Neuausrichtung der Strategien und eine Sicherung der Projektförderung durch die Unterstützer.

Zukünftige Themen und Fragen könnten Bodenqualität, Nährstoffauswaschung, Kreislaufwirtschaft und strategische Eigenunterstützung der Projekte sein. Um im 8. Rahmenprogramm der EU, dem Horizon 2020, mithalten zu können, sei ein schnelles Handeln der Biochar-Gemeinde mit vereinten Kräften erforderlich.

Es wurde diskutiert, welche Strategie zur Kohlenstoffsequestrierung sinnvoller ist - Biokohle oder CCS. Ertragssteigerungen durch Biokohle seien umstritten, aber z.B. in den relativ starken Böden Deutschlands andererseits auch schwer zu erzielen. Im Hinblick auf den Klimawandel seien solche Effekte jedoch durchaus wieder in Betracht zu ziehen, vor allem in Bezug auf den Wasserhaushalt in wärmeren und trockenen Szenarien.

 

 

Tagungsleitung:

Hans-Peter Schmidt


Themenblock 6:

Pflanzenkohle meets Abfallwirtschaft: Hochzeit mit Synergismen?
 
 

Dr. Claudia Kammann & Prof. Bruno Glaser

Justus-Liebig Universität Gießen, Institut für Pflanzenökologie Gießen, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Abt. Bodenbiogeochemie, Halle

Kompostieren mit Pflanzenkohle: Wissenschafts- und Erfahrungsberichte

Prof. Glaser präsentierte im ersten Teil des Vortrags aktuelle Ergebnisse zur Frage wie Kompost auf den Zusatz von Biokohle reagiert. Als wesentliche Wirkungen benannte er die Verringerung der Rohdichte, Geruchsbindung, Belüftung sowie Verbesserung der Humusbildung und -qualität.

Aus Versuchen mit effektiven Mikroorganismen (EM) in Zusammenarbeit mit Gerald Dunst ergab sich, dass EM-Fermentation nur solange stabilisierend wirkt, wie nicht belüftet wird. Die Zugabe von Biokohle führte in einigen Varianten hingegen zu negativem Priming - EMs sind aus Sicht von Prof. Glaser demnach im Vergleich zur Kompostierung nicht lohnend. Aus den bisherigen Ergebnissen konnte er ableiten, dass das Biokohle-Material umso stabiler ist, je weniger reaktiv es ist. Weiter konnte gezeigt werden, dass sich die Kompostqualität mit steigender Biokohle-Zugabe erhöht. Die Biomasseerträge der mit Biokohle-Kompostsubstraten gedüngten Kulturen wiesen Steigerungen zwischen 0 und 70 % auf. Tendenziell hätten die Pflanzen mehr Stickstoff aufgenommen, da in den Substraten aufgrund geringerer Ammoniak-Verluste auch mehr Gesamt-N enthalten sei. Prof. Glaser beendete seinen Teil des Vortrags mit der Aussage, dass Biokohle den TOC-Gehalt im Oberboden deutlich erhöhe, während der Kompost für höhere N-Gehalte verantwortlich sei.

Frau Dr. Kammann widmete sich der Frage, wie sich die Kohle während der Kompostierung verändert. Zur Beantwortung dieser Frage wurden Stoffbeutel mit Kohle in die Kompostierung eingebracht und anschließend die Veränderungen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass unbehandelte Kohle eher zu Auswaschung und geringeren Erträgen führe, während kompostierte Kohle positiv auf diese Parameter wirke. Letztere reicherte sich mit Nährstoffen an, die elektrische Leitfähigkeit, der Gehalt an organisch gelöstem Kohlenstoff (DOC) sowie der N-Gehalt erhöhten sich. Obwohl die Kohle vor allem über Kationentauscherplätze verfügt, zeigte sich, dass sowohl Nitrat als auch DOC an die Oberflächen adsorbiert wurden. Mit Isotopenmarkern wurden bei Gerste verminderte Lachgasemissionen festgestellt, die sich auch bei Kohlezusatz in der Kompostierung auswirkten.

In ihrem Fazit hob Dr. Kammann die synergistische Effekte von Biokohle und Kompost hervor und empfahl deshalb: „Compost the best and carbonize the rest!"

Es wurde anschließend diskutiert, inwiefern zunächst eine relativ kurze Kompostierung zur Hygienisierung und dann eine anschließende Fermentation sinnvoll sind. Ein anwesender Landwirt bestätigte, dass diese Methode Kosten spare und das fermentierte Material von den Regenwürmern optimal angenommen würde. Das TerraBoGa-Projekt bestätigt diese These ebenfalls. Konsens war, dass die Biokohle früh ins System gebracht werden sollte, also z.B. bereits bei der Fütterung von Tieren.

 

 



 
 

Dr. Ines Vogel

Freie Universität Berlin, Fachbereich Geowissenschaften, AG Geoökologie, Berlin

Biochar meets compost - Ergebnisse unterschiedlicher Einsatzbereiche

Frau Dr. Vogel stellte ihre Arbeit im TerraBoGa-Projekt am Botanischen Garten in Berlin vor, das als oberstes Ziel die Schließung der Stoffkreisläufe anstrebt. Im Botanischen Garten werden Biokohle, Abfallstoffe der Gärtnerei und Fäkalien der Besucher zu Biokohlesubstraten verwertet, einerseits durch Fermentation und andererseits durch Kompostierung. Die Substrate haben eine Biokohleanteil von 15 %, erfüllen die Kriterien der Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK), der BioAbfV und halten auch biologischen Tests stand. Bei Papayapflanzen erhöhte sich durch die Verwendung der Substrate die oberirdische Biomasse und Bewurzelung. Dagegen zeigten Topfversuche mit Kaffeepflanzen und Kartoffelfreilandversuche kaum Effekte. Stachelbeer- und Johannisbeer-Kulturen im Freiland hätten besonders gut auf die Biokohle reagiert.

Im Projekt LaTerra soll die Dekontamination von militärischen Flächen durch Biokohle untersucht werden. Die typischen armen, mit Mineralölkohlenwasserstoff-(MKW) belasteten Sandböden reagierten auf Biokohlezugabe vor alle im zweiten Anwendungsjahr positiv.

In ihrer Zusammenfassung hob Dr. Vogel hervor, dass die Vorteile von Biokohle-Substrate häufig vor allem bei längerer Anwendung zu beobachten seien. Torfersatz durch diese Substrate ist aus ihrer Sicht realistisch, aber ökonomisch noch nicht ausgereift. Dr. Vogel schloss sich ihren Vorrednern an und bestätigte, dass Biokohle durch die Kompostierung „aktiviert" werden müsse.

Der Botanische Garten verfügt über eine eigene Pyrolyseanlage und bietet ab dem Jahr 2014 Theorie- und Praxis-Workshops an.

 

 



 
 

Prof. Achim Loewen

Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, FG Nachhaltige Energie- und Umwelttechnik, Göttingen

Pflanzenkohle im Biogasprozess - Steigerung der Energieausbeute?

Prof. Loewen stellte die ganzheitliche Betrachtung und Verknüpfung der zwei Hauptströme thermische Konversion und Biogas in Vordergrund seines Vortrags. Er zeigte Ergebnisse der Bilanzierung von Prozessketten bei Pflanzenkohleproduktion und -nutzung aus dem INTERREG-Projekt. Erhöhte Wertschöpfung und ökologische Vorteile sollten durch eine Kaskadennutzung angestrebt werden. Dies kann z.B. durch den Einsatz von Biokohle in der Vergärung erreicht werden. So sei der Pflanzenkohlestoffstrom über Konversion und entsprechende Substrate (Kompost, Einstreu, Futter, Silierung) auf die Agrarflächen realisiert worden. Der Bio²-Ansatz verknüpft den Biogasprozess und die Pyrolyse, indem ca. 2,5 mass-% Biokohle sowohl im Haupt- als auch im Nachfermenter zugesetzt werden. Die Ergebnisse zeigen eine um bis zu 20 % höhere Gesamtmethanausbeute im relevanten Zeitraum (Tag 30-40) der Vergärung. Aus den Ergebnissen könnte darauf geschlossen werden, dass eine bessere Substratnutzung, höhere Ausschöpfung des Restgaspotzenzials sowie Beeinflussung der Mikroorganismen-Habitate erreicht wird.

 

Prof. Loewen empfahl hinsichtlich der Wertschöpfung eine möglichst frühe Nutzung der Biokohle in der Kaskade. Er benannte jedoch weiteren Forschungsbedarf bei der Identifizierung optimaler Einsatzorte, wie z.B. im Futter, in der Silierung, im Biogasprozess oder der landwirtschaftlichen Bodenverbesserung, da nicht auszuschließen ist, dass ein früher Einsatz in der Kaskade durchweg positive Ergebnisse erzielen wird.

 



 
 

Kevin Friedrich

PYREG GmbH, Dörth

Phosphorrecycling aus Klärschlamm - Steigerung der Pflanzenverfügbarkeit durch thermochemische Konversion (Pyrolyse)

Herr Friedrich sprach über die entscheidende Bedeutung von Phosphor und seine Endlichkeit als geologische Ressource, die auch als „Peak-Phosphor" bezeichnet wird. Als mögliche alternative P-Ressource benannte er den Klärschlamm, aus dem in Deutschland potentiell 30 % des enthaltenen Phosphors recyclebar sind. Voraussetzung dafür seien jedoch die Technologie zur Bereitstellung, Schwermetallentfernung, Hygienisierung und Stabilisierung des Klärschlamms. Die Firma PYREG untersucht die Potentiale der Pyrolyse von Klärschlamm und anschließender Nutzung.

Zur P-Rückgewinnung wird die Löslichkeit (und damit die Rückgewinnung) durch Zugabe von Metallsalzen und Verwendung verschiedene Pyrolyse-Technologien erhöht. Die Löslichkeit nimmt mit steigender Temperatur ab, mit zunehmender Salzkonzentration hingegen wieder zu. Die gesamte Rückgewinnungsquote durch Ausfällung beträgt ca. 54 % des bei Eingang in die Anlage enthaltenen Phosphors. Die Schwermetall-Grenzwerte der DüMV 2012 können eingehalten werden, da die Entfrachtung und Ausfilterung durch Additive wie Chlorid realisiert wird. Wirtschaftliche Grenzen sind aber bereits erkennbar.

Ergebnisse aus Gefäßversuchen mit Weidelgras zeigten, dass die P-Aufnahmen beim pyrolysierten Klärschlamm etwas höher lagen. Im Feldversuch zeigte Gerste auf P-armen Standorten keine signifikant höheren Erträge bei Verwendung von pyrolysiertem Klärschlamm. Die Düngewirkung des gewonnenen Substrats ist mit dem Standarddünger im organischen Landbau vergleichbar.

Abschließend sagte Herr Friedrich, dass das unterschiedliche Verhalten ausgefaulter gegenüber nicht-ausgefaulten Klärschlammen noch Gegenstand der Untersuchungen sei.

 

 



Tagungsleitung:

Prof. Bruno Glaser

 


Themenblock 7:

Der Weg in die Praxis: Beispiele und Chancen („think-tank")
 
 

Katja Wiedner
 
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Abt. Bodenbiogeochemie, Halle

Effekt von Biokohle auf die Stickstoff- und Phosphatauswaschung in den sandigen Böden des norddeutschen Tieflands (Wendland Region)

Frau Wiedner präsentierte Ergebnisse aus dem ClimaCarbo-Projekt zur Untersuchung des Einflusses von Biokohle auf die N- und P-Auswaschung. Zunächst berichtete Frau Wiedner, dass auch nahe Gartow in Brandenburg eine „nordische Schwarzerde" gefunden wurde, die hinsichtlich dunkler Farbe, Gehalt an stabilen Kohlenstoff (Black Carbon) und Kationenaustauschkapazität (KAK) der nativen Terra Preta aus Amazonien sehr ähnlich ist.

Im ClimaCarbo-Projekt konzipierte und realisierte Frau Wiedner einen aufwändigen Feldversuch im randomisierten Block Design zur Wirkung verschiedener Düngerarten auf die Bodenparameter. Verglichen wurden NPK-Dünger, Maisgärrest, fermentierter Maisgärrest und Kompost, sowie Pflanzenkohle (BC) in drei Konzentrationen. In der Fruchtfolge stand zuerst Mais und anschließend Winterrogen. Untersucht und aufbereitet wurden die C-, N- und P-Verluste, die mikrobielle Aktivität, Biomasse und Wasserversorgung, C-Sequestrierung, Black Carbon-Gehalt, Oberflächenoxidation und Mikroaggregate mit einem Mixed-Effects-Modell. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Phosphatverluste durch die Verwendung von mit Biokohle versetztem Gärrest reduziert werden konnten. Die Nitratverluste konnten bei allen Varianten mit zunehmender BC-Menge reduziert werden. Frau Wiedner bestätigte, dass die Gesamtbiomasse tendenziell erhöht und die Kornbiomasse im Vergleich dazu etwas weniger stark erhöht wurde. Die Biomassen aller Varianten wiesen höhere N-Gesamtgehalte auf. Die Wasserhaltekapazität aller Varianten war ebenfalls deutlich erhöht. Dieser Umstand könne laut Frau Wiedner die geringeren Auswaschungen erklären. Zusammenfassend hob Frau Wiedner hervor, dass Biokohle deutliche Beiträge zur Verringerung der Nährstoffauswaschung leiste.
 
 



 
 

 
Josef Braun

Biolandhof Braun, Freising

Chancen und Perspektiven von Biokohle, Kompost und Agroforstsystemen in einer nachhaltigen Landnutzung am Beispiel des Biolandhofs Braun

Herr Braun berichtete von den Ansätzen Minimalbodenbearbeitung, Mischkulturen, Agroforstsysteme und Biokohlenutzung auf seinem Hof. Zu Beginn des Vortrags forderte er einen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft. So sei z.B. die Biomasseleistung von Mischwald doppelt so hoch wie die von Mais in Reinkultur. Deshalb führt Herr Braun seit 2009 Agroforst-Versuche in Zusammenarbeit mit LfL und LWF in Bayern durch. Verglichen werden Baumarten- und Untersaaten. Agroforst weise gegenüber Kurzumtriebsplantagen mehr Synergieeffekte bezüglich Wasser-, Nährstoff- und Lichtausnutzung auf. Überdies trage das System zur Vernetzung von Landschaften bei. In Kombination mit Schweinen konnte Herr Braun Wühlmäuse von den Flächen verdrängen und so Wurzelschäden verringern. Die Ernte erfolgt nur abschnittsweise, um Nützlinge zu schützen. Die aus den Baumstämmen erzeugten Hackschnitzel werden mit der Luft getrocknet, die sich unterhalb der PV-Module auf den Stalldächern erwärmt. Die trockenen Hackschnitzel werden vergast, das Gas verstromt und die gewonnene Biokohle im Stall verwendet. Die Kaskadennutzung beginnt auf der Liegefläche der Milchrinder. Geruchsbindung und bessere Klauengesundheit wurden bestätigt. Der kohlehaltige Mist wird kompostiert und auf die umliegenden Flächen ausgebracht. Zusätzlich verfolgt Herr Braun eine ganzjährige Bodenbedeckung, eine angepasste Fruchtfolge, verwendet Untersaaten und betreibt Mischfruchtanbau. Insgesamt empfiehlt er eine maximale Anwendungsmenge von 1 t Kohle pro Hektar und Jahr. Abschließend betonte Herr Braun die Vorteile dieser Wirtschaftsweise für gesündere Tiere, Pflanzen, Lebensmittel und Menschen, die auch die Grundlage für die Friedfertigkeit in der Welt darstelle.

 
 



 
 

Fredy Abächerli

Verora GmbH, CH-Edlibach

Grüngut für Energie, Klimafarming und Pflegesubstrate Nutzungskonzeptvon Verora: Pflanzenkohle, Qualischnitzel und Terra-Preta Nährhumus – Mehrwert aus Baum- und Strauchschnitt

Herr Abächerli gab in seinem Vortrag vielfältige Einblicke in seine Arbeit bei der Verora GmbH. Die Firma arbeitet in den Bereichen Humuswirtschaft, Zuerwerb in der Landwirtschaft, Energieerzeugung und Biokohle. Eine PYREG-Anlage wurde finanziert und produziert seit 2012 Pflanzenkohle nach dem Europäischen Pflanzenkohle-Zertifikat (EBC). Grünabfälle von Baumpflegern, Gemeinden, Gartenbauern und Privathaushalten werden gesammelt und zu Hackschnitzeln, Pflanzenkohle und Pflanzenkohle-Kompost-Substraten verwertet. Die Durchführung der Projekte wird auch von der Klimastiftung der Schweiz sowie Banken und anderen Firmen finanziell unterstützt.

Herr Abächerli bezifferte den Massenfluss der Hackschnitzel-Siebreste auf ca. 2500 m³ pro Jahr, die zu 600 - 800 m³ Pflanzenkohle pyrolysiert werden. Eine Auslastung von 65% der Anlagenleistung konnte im Dauerbetrieb erreicht werden. Die Produktionsphasen dauerten zwischen 4 und 7 Tage.

Durch die Nutzung der Abwärme zum Trocknen der Schnitzel kann laut Herrn Abächerli eine Heizwertverdopplung erreicht werden. Der Verkauf erfolgt nach Heizwert oder Gewicht an Kunden mit kleineren Holzfeuerungsanlagen ab 25 kW.

Die Behandlung von Silage mit Pflanzenkohle verringert nach Aussage von Herrn Abächerli die Belastung mit Mycotoxinen. Bei der Kompostierung seien die wesentliche Wirkungen Geruchsreduktion, erhöhtes Wasserhaltevermögen und bessere Struktur. Der Erdzuschlag könne bei der Kompostierung jedoch nicht durch die Pflanzenkohlezugabe ersetzt werden.

 

 



 
 

Kathrin Rößler

Freie Universität Berlin, Fachbereich, Geowissenschaften, AG Geoökologie, Berlin

 
Frau Rößler stellte Ergebnisse eines Biocharkompost-Projektes in Ghana vor, welches sie wissenschaftliche begleitet. Finanziert wird das Projekt ausschließlich über Spenden, u.a. durch die CO2-Ausgleichsaktion des ANS-Symposiums des Jahres 2012. Mit dem Ziel, Biochar als Lösungsansatz für Ernährungssicherung in Entwicklungsländern umzusetzen, startete 2012 nach zwei Freiland-Vorversuchen die praxisorientierte Anwendung von Biochar-Kompost-Mischungen auf kargen Böden. Die Substrate enthielten Biokohle aus traditionellen Köhlereien und wurden von Kleinbauern auf je 0,5 ha appliziert. Die Erträge bei Mais konnten durch die Biokohle um Faktor 3 erhöht und der Maiszünsler-Befall verringert werden. Neben einer verbesserten Wurzelausbildung waren die Bestände von Mais, Bohnen und Erdnüssen auch optisch deutlich gesünder.

Beim 74. Symposium kamen durch die CO2-Neutralisierungsaktion wieder über 300 Euro zusammen, die die Verbesserung von weiteren 3000 m² Ackerboden mit Biokohlekompost ermöglichen.

 

 

Schlussworte & Verabschiedung

Prof. Rainer Wallmann

Prof. Wallmann erinnerte abschließend daran, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Hochwertigkeit der Verwertung optimiert werden müssten, da sie bei der Gestaltung einer Kreislaufwirtschaft und zeitgemäßen Abfallverwertung entscheidend seien. Hierbei wurde in den Präsentationen vieler Referenten deutlich, dass Biokohle-Strategien zu einer deutlichen Verbesserung vor allem in den Bereichen Bodenfruchtbarkeit und Klimaschutz beitragen können.

Die Menge der offen gebliebenen Fragen und der Diskussionspunkte zeigten weiterhin einen starken Forschungsbedarf an. Prof. Wallmann zeigte sich erfreut darüber, dass der ANS mit dem sehr aktiven Fachausschuss Biokohle eine lebendige Plattform für dieses bedeutende Thema zur Verfügung stellen kann. An dieser Stelle lud Prof. Wallmann die Teilnehmer nochmals herzlich dazu ein, in diesem Zusammenhang dem ANS e.V. beizutreten.

Schließlich sprach Prof. Wallmann ein herzliches Dankeschön an alle aus, die sich am Zustandekommen des Symposiums beteiligt haben. Er bedankte sich insbesondere bei Frau Tanja Borowiec für die hervorragende Organisation des Symposiums. Ein großes Dankeschön sprach Prof. Wallmann auch dem Gastgeber, dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) aus, das die Tagungsräume kostenfrei zur Verfügung gestellt hatte.